Historisches Portrait: Anna Maria Luisa von Medici und ihre Ehe zu Jan Wellem

Veröffentlicht am 28. März 2025 um 14:02

Anna Maria Luisa von Medici (1667-1743) wurde im Sommer des Jahres 1667 in Florenz als einzige Tochter des Großherzogs Cosimos III und seiner Gemahlin Mar­gué­ri­te Loui­se von Or­léans geboren. Damit war sie das mittlere Kind des Ehepaars und würde die letzte Erbin der einflussreichen Medici-Familie sein. Sie wurde als hübsch, musikalisch und leseaffin beschrieben. Auch galt sie als eine gute Reiterin und Schützin. Erzogen wurde sie von ihrer Großmutter und ihrem Vater, als dessen Liebling sie galt. Ihrer Mutter Mar­gué­ri­te Loui­se wird nachgesagt, sie habe während der Schwangerschaft nicht gegessen und sei auf Pferden galoppiert, um die Schwangerschaft frühzeitig zu beenden (Müller 1988, 38-39; Lankheit 1988, 19).

Cosimo III

Kurfürstin Anna Maria Luisa von Medici (links), ihre Mutter Mar­gué­ri­te Loui­se von Or­léans (in der Mitte) und ihr Vater Cosimo III gemalt von Jan Frans van Douven um 1700, Öl auf Leinwand, Stadtmuseum Düsseldorf (rechts)

Bei den späteren Verhandlungen einer Verehelichung von Anna Maria war, so vermutet die entsprechende Literatur, die Sorge präsent, ihr Naturell wäre dem ihrer Mutter zu ähnlich. Diese war in der Ehe zu Cosimo unglücklich und erbat die Trennung von ihrem zum Despotismus neigenden Ehemann beim französischen König Louis XIV. Nachdem eingebrachte Mediationen zwischen dem Ehepaar scheiterten, kehrte Mar­gué­ri­te Loui­se nach vierzehn Jahren Ehe wieder in ihre Heimat nach Frankreich zurück. Dort lebte sie fortan in Klöstern. Anna Maria war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre alt. Eine entfernte Verwandte der Medicis schreibt über 250 Jahre später, dass Anna Maria ohne Beziehung zur Mutter aufwuchs und ihrem Vater sehr zugeneigt war (de' Medici-Stucchi 1988, 174).

Anna Maria Luisa von Medici heiratete Kurfürst Johann Wilhelm II (1658-1716), besser bekannt als Jan Wellem, im April 1691 und wurde so zur Kurfürstin von der Pfalz. Sie war somit die zweite Ehefrau von Jan Wellem, welcher im Jahr 1678 bereits Maria Anna Josepha, Habsburgerin und Erzherzogin von Österreich, heiratete. Seine Schwester Eleonora hatte zwei Jahre zuvor bereits Kaiser Leopold I geheiratet. Die machtpolitische Verbindung der Familien wurde auch durch die erste Heirat Jan Wellems gestärkt. So handelte es sich bei Maria Anna Josepha um die Stiefschwester von Leopold I (Müller 2008, 9), je nach Quelle wird sie auch als Halbschwester bezeichnet. Sie verstarb 1689 in Wien an Tuberkulose. Die Ehe blieb kinderlos (Müller 1988, 35).

Die Eheschließung von Anna Maria Luisa von Medici mit Jan Wellem erfolgte nach längeren Heiratsverhandlungen in Florenz. Jan Wellem sollte nach der kinderlosen Ehe mit Maria Anna Josepha erneut heiraten, so schlug sein Vater Philipp Wilhelm zunächst Ehen mit der portugiesischen Prinzessin Isabella und der Bayreuther Prinzessin Christiane Eberhardine vor (Müller 2008, 16-17). Die portugiesischen Heiratsverhandlungen beschäftigten den Schwiegersohn Philipps, Peter II von Portugal und den kurfürstlichen Hof der Wilhelms fast ein ganzes Jahr und scheiterten nach französischem geopolitischem Einwand. Daraufhin wurde die Heirat mit Christiane Eberhardine von Hohenzollern verhandelt, woraufhin die Prinzessin auf Wunsch der Wilhelms zur katholischen Kirche hätte konvertieren müssen, so dass auch hier die Verhandlungen scheiterten (Müller 1988, 36-38).

Auch Cosimo hatte bereits verschiedene Heiratsverhandlungen mit europäischen Höfen geführt, so in Portugal, Spanien und Frankreich. Als der pfälzische Kurfürst Jan Wellem um die Hand von Anna Maria anhielt, war sie 24 Jahre alt (Dreher 1988, 157). Die Verhandlungen dauerten auch hier recht lang, die Mitgiften wurden verhandelt und die Ehe geschlossen. Mit einer Besonderheit: Jan Wellem ließ sich vertreten und erschien nicht persönlich. Es handelte sich somit um eine Stellvertreterhochzeit.

Anna Maria Luisa von Medici, Öl auf Leinwand, Jan Frans van Douven

Anfang Mai bricht Anna Maria aus Florenz auf. Sie gerät in den Bergen in ein Schneegestöber und wird von ihrem deutschen Hofstaat in Bologna empfangen. Mit mehreren Zwischenhalten auf ihrer Reise erreicht das Paar im Juli Düsseldorf (Karnau 1988). Anna Maria würde Florenz erst nach 26 Jahren Wiedersehen (Dreher 1988, 158). Der deutsche Hof des Kurfürsten Wellem muss für die Florentinerin vergleichsweise spärlich gewirkt haben, so entstammte sie einer der reichsten Familien Italiens. Das ihr zustehende verhandelte Einkommen von 18000 Gulden im Jahr, wird den Gewohnheiten der neuen Kurfürstin für den Erhalt ihres italienischen Lebensstandards nicht gereicht haben, wie auch die Dokumentation Ihrer Ausgaben zeigt. Auch ihr Familienvermögen dürfte dazu beigetragen haben, dass sie eine beträchtliche Sammlung an Luxusgegenständen, wie Schmuck, Silber und Porzellan besaß (Engelbrecht 1988, 127-128). Auffällig ist, dass Anna Maria auf ihren Gemälden oft mit sehr wenig Schmuck dargestellt wird, obwohl zu ihrer Schmucksammlung auch zahlreiche Edelsteine und Diamanten gehörten (Fimpeler-Philippen 1988, 146). Auch aus der Entfernung, so weiß man heute, blieb sie in Kontakt mit ihrer Familie und galt als geschätzte Ratgeberin, insbesondere nach dem Tode ihrer Großmutter (de' Medici-Stucchi 1988, 173).

Im Heine-Institut in Düsseldorf ist ein Brief archiviert, welcher von Anna Maria im Jahr 1703 aus Düsseldorf an einen Giovanni Giugni nach Florenz gesendet worden ist. Hier gratuliert sie in alter italienischer Handschrift zu einer kommenden Hochzeit und wünscht Zufriedenheit, Wohlstand und zahlreiche Nachkommen. Die folgenden Bilder zeigen einen Ausschnitt der archivierten Korrespondenz mit ihrer Unterschrift und dem Familienwappen der Medicis.

Auschnitt des archivierten Briefes, Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf

Nach dem Tode ihres Ehemanns reiste Anna Maria wieder in ihre Heimat nach Florenz, wo sie 1717 mit einem großen Fest empfangen wird (Karnau 1988). Ihre umfangreiche Kunstsammlung sowie große Teile des Familienbesitzes hinterließ sie der Stadt Florenz. Heute können Besucher:innen auf den Spuren von Anna Maria die Villa La Quiete besuchen, in der sie nach ihrer Rückkehr zurückgezogen lebte. In Düsseldorf findet sich am Stadtmuseum zudem der Anna-Maria-Luisa-Medici-Platz. -AKG

Fotos: AKG

Verwendete Literatur

de' Medici-Stucchi, Lorenza (1988): Zu Ehren von Anna Maria Luisa de'Medici, Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 173-175.

Dreher, Bernd (1988): Die Florentiner Heirat, in: Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 157-167.

Engelbrecht, Jörg (1988): Anna Maria Luisa von Medici und ihr Hof zu Düsseldorf. Zur Bedeutung des Luxus im Zeitalter des Absolutismus, in: Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 124-131.

Fimpeler-Philippen, Annette (1988): Kurfürstin Anna Maria  Luisa und die Mode, in: Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 147-155.

Karnau, Oliver (1988): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürsten von der Pfalz. Itinear der Kurfürstin Anna Maria Luisa. Begleitender Prospekt zur Ausstellung 1988 im Stadtmuseum Düsseldorf.

Lagioia, Vincent (2015): Marguerite Louise d'Orléans. Verfügbar unter: https://siefar.org/dictionnaire/fr/Marguerite_Louise_d%27Orléans (letzter Zugriff am 22.3.2025).

Lankheit, Klaus (1988): Florenz unter den letzten Medici, Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 17-25.

Müller, Klaus (2008): Jan Wellem - ein Barockfürst in Düsseldorf. Radschläger-Reihe. Düsseldorf: Droste Verlag.

Müller, Klaus (1988): Eine fürstliche Heirat im Zeitalter Ludwigs XIV. Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Anna Maria Luisa Medici, in: Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg): Anna Maria Luisa Medici. Kurfürstin von der Pfalz. Katalog zur Ausstellung. Düsseldorf: Verlag R. Meyer, 35-47.

Thomann, Björn (2016): Anna Maria Louisa de Medici, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/anna-maria-louisa-de-medici/DE-2086/lido/57c94abb374cd9.44633491 (abgerufen am 25.03.2025).